Was hat die MPU mit der Kindheit zu tun?

Viele Lebensumstände in der Kindheit führen dazu, dass keine ausreichenden Bewältigungsstrategien für eine Konfliktbewältigung zur Verfügung stehen. Besonders anfällig dafür sind beispielsweise Personen, die nicht gelernt haben über ihre Gefühle oder Bedürfnisse zu sprechen oder von denen bereits in der Kindheit perfekte Leistungen erwartet wurden. In diesem Artikel sprechen wir über MPU Risikofaktoren, die sich bereits in der Kindheit bilden.

Gastbeitrag von unserem Autor und MPU Coaching Experten Thorsten Giesler von MPU-Coaching-Team.de

Viele Lebensumstände in der Kindheit führen dazu, dass keine ausreichenden Bewältigungsstrategien für eine Konfliktbewältigung zur Verfügung stehen. Besonders anfällig dafür sind beispielsweise Personen, die nicht gelernt haben über ihre Gefühle oder Bedürfnisse zu sprechen oder von denen bereits in der Kindheit perfekte Leistungen erwartet wurden. In diesem Artikel sprechen wir über MPU Risikofaktoren, die sich bereits in der Kindheit bilden.

Viele junge Menschen greifen bereits im Jugendalter auf Suchtmittel zurück. Insbesondere Drogen dienen zur Abgrenzung vom Elternhaus. Aus Überbehütung möchten sie ausbrechen oder rebellieren. Bei einer Unterversorgung finden sie hingegen die notwendige Anerkennung bei ihrer Peer-Group und fühlen sich hier wohl aufgehoben.

Wird von Kindheit an eine hohe Leistungserwartung gefordert, bleibt diese auch im Erwachsenenalter bestehen. Die Person selbst fühlt sich nur anerkannt und geliebt, wenn sie eine perfekte Leistung erbringt.

In der Folge greifen viele junge Menschen auf Alkohol zurück. Drogen oder Medikamente bringen dann die benötigte Entspannung oder dienen als Flucht aus dem fordernden Alltag.

Welche Risikofaktoren in der Kindheit führen zu einer MPU wegen Alkohol oder Drogen

Nachfolgend einige Beispiele für Risikofaktoren in der Kindheit:

Sie wurden in der frühen Kindheit viel alleingelassen? Das bedeutet, Ihre Mutter oder Ihr Vater waren kaum verfügbar oder sind früh verstorben. Die Großeltern, die Geschwister oder Menschen aus Ihrer Verwandtschaft konnten nicht zu möglichen Bezugspersonen werden, zu denen Sie Vertrauen entwickeln konnten.

Sie mussten schon sehr früh mit sich allein zurechtkommen. Im späteren Leben kommt es nicht selten zu starken (unbewussten) Ängsten vor verbindlicher emotionaler Nähe. Es kommt zu einer irrealen Angst, von wichtigen Personen verlassen zu werden.

Wenn Sie in einer Familie oder Umgebung aufgewachsen sind, in der Gefühle kaum in Sprache gefasst und geäußert wurden, tragen Sie ein erhöhtes Risiko für Missbrauch oder Abhängigkeit von Alkohol, Drogen und Medikamenten!

Darüber hinaus haben viele Menschen große Probleme, sich selbst, ihre Eltern und Freunde zu charakterisieren. Sie können die Beziehung zu Freunden oder Eltern nicht mit Worten beschreiben. Die Gefühle, die in der Familie Realität waren und sind, können sie nur nach intensivem Nachfragen zögerlich und oft unscharf benennen.

Ein weiteres Risiko tragen Sie, wenn Ihre Eltern Ihnen in Ihrer Kindheit nur dann Liebe, Begehren, Zuwendung und Anerkennung gaben, wenn Sie eine Gegenleistung erbrachten.

Kritisch ist auch, wenn Ihre Eltern Sie ständig in der Schule mit den Leistungen anderer verglichen. Viele Menschen, die in einer solchen Familie aufwuchsen, blieben später einseitig leistungsorientiert. Im Weiteren orientieren sie sich selbst an hohen Leistungen (und Idealen), versuchen um nahezu jeden Preis, hohe Leistungen zu erbringen. Oft werden auch die Mitmenschen nach ihrem Status und ihrer Leistung beurteilt.

Eine zu hohe Verantwortung als Kind tragen

Allerdings verfallen manche Menschen auch in das gegenteilige Verhalten und verweigern gerade aufgrund der genannten Vorerfahrungen jede Art von Leistung. Sie flüchten unter Umständen in Welten, in denen Videospiele, Musik, Comics, Partys und anderes eine hohe Wichtigkeit haben.

Sie sind in einer Familie aufgewachsen, in der Sie bereits als Kind zahlreiche Aufgaben samt der kompletten Verantwortung übernehmen mussten? Auch dies kann zu einem erhöhten Risiko zur Abhängigkeit führen. Wer so aufwächst gerät in die Gefahr, keine wirklich selbstvergessene Kindheit zu durchleben. Kind sein bedeutet aber, lange Zeit weitgehend sorgenfrei und unbefangen zu sein. 

Jemand, der mit vielen Sorgen und mit viel Verantwortung aufwächst, lernt oft nicht, anderen zu vertrauen. Er ist mit seiner durch die Familie zugeschriebenen Rolle dauerhaft überfordert. Ohne Vertrauen in andere Menschen und Institutionen wird der psychische Druck, den er als Mensch fühlt, unerträglich. In der Folge ist Alkohol ein willkommenes Entspannungsmittel, mit auf Dauer furchtbarer Nebenwirkung.

Wer in einer Familie aufwächst, in der gesunde Grenzen zwischen den Generationen fehlen, in der Freiräume fehlen, um sich von den Eltern abzugrenzen, in der Geheimnisse nicht möglich sind, der trägt ebenso ein sehr hohes Risiko.

Badezimmertüren werden nicht geschlossen, der Vater benutzt mit der pubertierenden Tochter das Bad gemeinsam, die Mutter liest das Tagebuch der Tochter oder zieht sich vor ihrem Sohn um. In diesem Fall wird es für das Kind möglicherweise problematisch, die eigene intime Identität und Position zu finden.

Wenn man sich nicht über die eigene Identität im Klaren ist, fühlt man sich oft hilflos

Diese Menschen suchen oft verzweifelt und mit riesigem Aufwand nach dem eigenen Sein, der eigenen Existenz, der eigenen klaren Identität. Schließlich fühlt man sich hilflos, orientierungslos und leer.

In Familien, in denen einem Kind keine Möglichkeit gegeben wird, sich gegenüber den Eltern abzugrenzen, trägt das Kind ein besonders hohes Risiko für Substanzabhängigkeiten.

Aber auch das genaue Gegenteil kann zu einer Identitätskrise führen. Richten wir den Blick auf Eltern, die sich modern und liberal geben. Das Kind darf sich beispielsweise die Haare bunt färben, bekommt kaum Grenzen und Widerspruch seitens der Eltern und es herrscht grenzenlose Liberalität. Das Kind wird es in der Folge nicht schaffen, seine eigene als sicher erlebte Identität zu bilden. Identität bildet sich häufig erst durch eine Unterscheidung, eine Differenz zu wichtigen Bezugspersonen heraus.